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Intelligenzblätter – Vorläufer der heutigen Lokalpresse

Die „Wochentlichen Franckfurter Frag- und Anzeigungs-Nachrichten“ erschienen erstmalig am 5. Januar 1722. Es war das erste selbständige deutsche Anzeigen- oder Intelligenzblatt. Anton Herrscheidt, seines Zeichens Buchdrucker, begründete damit in Deutschland nach dem Vorbild britischer und französischer Blätter ein Periodikum neuer Art.

Fürstlich Lippisches Intelligenzblatt Nr. 33 vom 13. August 1825
Fürstlich Lippisches Intelligenzblatt Nr. 33 vom 13. August 1825

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in Deutschland etwa 550 Intelligenzblätter gegründet. Diese erschienen unter Namen wie „Wöchentliche Nachrichten“, Intelligenz-Zettel“, „Frag- und Anzeigungs-Nachrichten“ oder eben „Intelligenzblatt“.

Für die Herkunft der Bezeichnung „Intelligenzblatt“ gibt es zwei Deutungsversionen: zum einen vermutet man einen englischen Ursprung. Das englische Wort „intelligence“ bedeutet „Nachricht“. Wahrscheinlicher ist aber die Ableitung vom lateinischen „intellegere“, was soviel wie „Einsicht nehmen“ oder „Kenntnis haben“ bedeutet.

Während die politischen Zeitungen über aktuelle Ereignisse berichteten, war der Inhalt der Intelligenzblätter scheinbar unspektakulär. Dabei waren diese lokalen Nachrichtenblätter besonders auf die Alltagsbedürfnisse der örtlichen Bevölkerung ausgerichtet. Meist erschienen sie in staatlich konzessionierten Verlagen. Für die Verlage waren sie wahre Goldgruben, denn in der Regel war mit der Konzession ein Anzeigenmonopol innerhalb des Verbreitungsgebiets verbunden (Insertionszwang). Außerdem waren alle staatlichen Bediensteten verpflichtet, das lokale Intelligenzblatt zu abonnieren (Bezugszwang).

Intelligenzblätter waren in erster Linie Mitteilungsorgane der jeweiligen Obrigkeit. So enthielten die Ausgaben des „Fürstlich Lippischen Intelligenzblattes“ alle Bekanntmachungen, Gesetze und Verordnungen des regierenden lippischen Fürstenhauses. Ergänzt wurde dieser offizielle Teil durch gewerbliche und private Anzeigen (Verkaufs- und Kaufangebote, aber auch Familiennachrichten und Werbung). Zuweilen gab es auch unterhaltende und belehrende Artikel sowie Nachrichten für Handel, Handwerk und Landwirtschaft.

Besonders in den ländlichen Gebieten Deutschlands waren die Intelligenzblätter bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts oft das einzige lokale Presseerzeugnis. 1848 führte die Erklärung der Presse- und Gewerbefreiheit nach und nach zur Einstellung der meisten Intelligenzblätter. Für die amtlichen Bekanntmachungen und öffentlichen Aussschreibungen wurden jetzt besondere Amtsblätter genutzt, die von staatlicher Seite herausgegeben wurden.

Einige wenige der ehemaligen Anzeigen- und Bekanntmachungsblätter haben sich damals den geänderten Bedingungen angepaßt und erscheinen als politische Tageszeitungen noch heute. Ein Beispiel sind die „Bremer (wöchentlichen) Nachrichten“, die 1743 als Intelligenzblatt gegündet wurden.

Gerade für Heimatforscher und Heimatsammler sind die alten Ausgaben ihres lokalen Intelligenzblattes eine schier unerschöpfliche Wissensquelle. Vollständige Jahrgänge sind aber oft nur sehr schwer aufzutreiben. Als Spezialistin für Lippiaca freue ich mich immer ganz besonders, wenn ich Ausgaben des „Fürstlich Lippischen Intelligenzblattes“ in meinem Antiquariat Die Bücher-Berg anbieten kann. Bevor diese aber ihren Platz in meinen Online-Shop finden, lese ich mich oft stundenlang fest.

Die lippische Landesbibliothek arbeitet derzeit an einer Digitalisierung aller Jahrgänge des lippischen Intelligenzblattes. Sicherlich hat auch eine größere Bibliothek in ihrer Heimat die örtlichen Intelligenzblätter im Archiv oder bereits online verfügbar. Schauen sie dort doch einmal vorbei – es lohnt sich, in den alten Zeitungen zu stöbern!